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Newsletter vom 30.10.2022

Okt. 30, 2022

Einwendungen: Wertvolle Tipps – und planerische „Highlights“ 

Liebe Freundinnen und Freunde des Waldparks,


sieben Aktenordner – die Antragsunterlagen zur Rheindammsanierung sind extrem umfangreich. Derzeit sichten wir die Hunderte von Seiten.


Es lohnt sich, diesen langen Newsletter zu lesen! Heute geben wir weitere Tipps und Hinweise zu den Einwendungen. Außerdem informieren wir über einige „Highlights“ des Plans, zum Beispiel


  • die Zufahrtsstraßen zur jahrelangen Großbaustelle Rheindamm in den Wohngebieten
  • Baustelleneinrichtungen, unter anderem auf einer unfassbar riesigen Fläche von 11.000 Quadratmetern unmittelbar am Naturschutzgebiet „Bei der Silberpappel“
  • das Tötungsrisiko für 19 besonders oder streng geschützte Arten – und die zynische Begründung des RP Karlsruhe für die dazu erforderlichen Ausnahmeanträge


Qualifizierte Mustereinwendungen finden Sie ab Mitte November auf unserer Website.


Im Technischen Rathaus Mannheim, Glücksteinallee 11, Mannheim-Lindenhof, können die Antragsunterlagen eingesehen werden.


Einwendungen bis 21.12.: Je individueller, umso wirkungsvoller

Seit der Offenlage erreichen uns täglich Anfragen, vor allem nach Mustereinwendungen. Unser Ziel ist es, diese in etwa zwei Wochen bereitzustellen. Da wir Sie mit korrekten und stichhaltigen Argumenten unterstützen wollen, werden wir uns zunächst durch die Unterlagen durcharbeiten.


Viel besser als einheitliche sind allerdings persönliche Schreiben. Je individueller eine Einwendung ist, umso wirkungsvoller. Machen Sie deutlich, wie die Umsetzung des Plans speziell Sie (und gegebenenfalls Ihre Familie) beeinträchtigen könnte: durch Ihre Wohnlage, Arbeitssituation, Freizeitaktivitäten usw. Zum Beispiel: „Ich arbeite in der … straße und befürchte, dass meine Konzentrations- und Leistungsfähigkeit durch den jahrelangen Baulärm vermindert wird.”


Schauen Sie im Technischen Rathaus und/oder im Internet in die Unterlagen. Zeit zum Einreichen ist noch bis zum 21. Dezember.



Speyererer Straße – eine der Haupt-Zufahrtsstraßen zur Großbaustelle Rheindamm


Enormer Baustellenverkehr mit hoher Lärm- und Schadstoffbelastung

Ein erster Blick in die Planungen bestätigt: Schon die jahrelange Bauphase würde für Menschen und Tiere unvorstellbare Zumutungen bedeuten. Unerträgliche Belastungen durch Lärm, Luftverschmutzung, Erschütterungen – verursacht durch lautstarke Massenrodungen, massive Erdbauarbeiten und einen enormen Baustellenverkehr. Beeinträchtigungen, die in diesem gravierenden Ausmaß und über diesen jahrelangen Zeitraum vermeidbar wären, wenn stattdessen eine baumerhaltende Spundwandlösung realisiert werden würde.


Welche Zufahrtsstraßen sind durch Neckarau, Almenhof, Niederfeld und Lindenhof vorgesehen? Das geht aus den Übersichtslageplänen, Seite 2, hervor. Schwere Laster und andere Baustellenfahrzeuge würden von der Neckarauer Straße über die Rheingoldstraße, den Neckarauer Waldweg, den Promenadenweg sowie die Speyerer Straße und die Schwarzwaldstraße jeweils monate-, wenn nicht jahrelang tagtäglich tonnenweise abgeholzte Bäume, Erd- und Baumaterial hin- und hertransportieren.


Direkt an der Baustellenzufahrt Promenadenweg gelegen: Der MFC 08 Lindenhof (Foto: Dietmar Umstätter)


Besonders betroffen sind auch unzählige Kinder und Jugendliche

Stark beeinträchtigt wären nicht nur die Anlieger dieser Zufahrten sowie der Nebenstraßen, sondern auch deren Besucher, Kunden, Patienten, Mandanten. Unter den Tausenden Lkw-Fahrten würden vor allem unzählige Kinder und Jugendliche leiden, die in den am Damm angrenzenden Gebieten Kindergärten, Schulen besuchen, in Sportvereinen aktiv sind, im Stollenwörthweiher schwimmen gehen, sowie Hunderte Kleingärtner.


So können Betroffene insbesondere vorbringen, dass sie die Sanierungsmethode ablehnen, weil die – vermeidbaren – jahrelange Lärm- und Feinstaubemissionen ihrer Gesundheit schaden würden. Gerade für junge Verkehrsteilnehmer, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Schule oder zum Sport kommen, bestünde durch die schweren Transportfahrzeuge außerdem ein deutlich erhöhtes Unfallrisiko.


Ein weiterer Vorgeschmack, was auf Zehntausende Menschen zukommen würde: Die „Nutzbarkeit und Erreichbarkeit des Freizeitangebotes im Gebiet wie Strandbad, Waldpark, Verein und Restaurants“ soll laut Erläuterungsbericht zur technischen Planung, Seite 52, ein „Besucherlenkungskonzept“ gewährleisten. Wir sind sehr gespannt, wie zum Beispiel im Sommer die Besucherscharen zum Strandbad gelangen sollen, wenn permanent Laster auf dem Damm fahren und die Straße zum Strandbad queren.


Bedrohtes Paradies: Das einzigartige Naturschurschutzgebiet "Bei der Silberpappel"


Baustelleneinrichtungen in Wohn- und Schutzgebieten

Baustelleneinrichtungsflächen hat die Behörde unter anderem direkt im Wohngebiet Lindenhof auf dem Parkplatz Weinbietstraße und beim Dammzugang Parkau geplant.


Die größte Baustelleneinrichtung auf einer Fläche von rund anderthalb Fußballfeldern ist direkt „Bei der Silberpappel“ vorgesehen. Dieses wunderbare Naturschutzgebiet ist Lebensraum für etliche gefährdete Tier- und Pflanzenarten. So unfassbar, dass wir dazu spontan ein Video aufgenommen haben.


Wie extrem das für das Vorhaben verantwortliche Land Baden-Württemberg (BW) in gesetzlich besonders geschützte Lebensräume und Gebiete eingreift, veranschaulicht die Karte Schutzgebiete des Antrags.


Auch der Buntspecht ist durch die Kahlschlag-Pläne möglicherweise in großer Gefahr (Foto: Paul Brühl)


Artenschutz in BW: Baubedingte Tötungen sind – mangels Alternativen (!) – nicht zu vermeiden

„Die biologische Vielfalt von Tieren und Pflanzen ist unsere Lebensversicherung“, heißt es auf der Internetseite des Landes BW unter der Überschrift „Naturschutz: Die Artenvielfalt bewahren“. Bei der Rheindammsanierung ignoriert das Land bzw. das RP Karlsruhe den Artenschutz: Laut Plan könnten 19 bedrohte oder streng geschützte Arten durch die Maßnahme getötet werden. (Oder noch viel mehr? Ganz abgesehen von anderen, nicht geschützten Arten.) Für diese 19 Arten hat das Land Ausnahmen beantragt (im Grunde Lizenzen zum Töten).


Als Begründung führt das RP im Plan auf Basis von § 34 Abs. 2 Bundesnaturschutzgesetz an: „Die für die Ausnahme benötigten zwingenden Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses liegen vor und es sind außerdem keine Alternativen für das Vorhaben gegeben.“ (siehe Seite 45 des Gesamterläuterungsberichts).


Vorbildlicher Hochwasserschutz mit Baumerhalt in Trier (Copyright: SGD Nord)

 

Zum hundertsten Mal: Es gibt Alternativen für dieses Vorhaben!

Die Begründung des Landes BW bzw. des RP Karlsruhe, es gebe keine Alternativen für das Vorhaben, ist falsch und – angesichts eines Jahrhundertprojekts, das Leben gefährdet und voraussichtlich viele Tiere tötet – einfach absurd.


Fakt ist: Wenn das gleiche Hochwasserschutzniveau mit anderen Maßnahmen („zumutbaren Alternativen“) erreicht werden kann, die einen geringeren Eingriff in Natur und Landschaft bedeuten, sind diese zwingend umzusetzen. Das schreibt das Bundesnaturschutzgesetz vor.


Dass es durchaus natur-, umwelt- und klimaverträglichere Lösungen (und damit „zumutbare Alternativen“) gibt, die sogar einen besseren Hochwasserschutz bieten, ist hinlänglich bekannt. Das beweisen viele Praxisbeispiele, zum Beispiel die Deichsanierung in Ludwigshafen. Für den Rheindamm in Mannheim belegt dies eine Machbarkeitsstudie.


Rheindeich Orsoy: Spundwandlösung zum Schutz der Lindenallee (Copyright: Stadt Rheinberg)

 

Mit Spannung erwartet: Das Fachgutachten zur baumerhaltenden Spundwandlösung

Inwieweit baumerhaltende Sanierungsmethoden bei uns am Rheindamm möglich sind, prüft derzeit als Fachgutachter der Wasserbau-Ingenieur Dr. Ronald Haselsteiner im Auftrag der Stadt Mannheim. Dem anerkannten Deichbauexperten zufolge sind Hochwasserschutz und Baumerhalt vereinbar.


Ein aktuelles Beispiel dafür ist seine Planung zum Rheindeich in Orsoy. In diesem hochgefährdeten Gebiet am Niederrhein sieht Haselsteiner die Einbringung einer Spundwand als statisches Ersatzsystem vor: wegen der beengten Verhältnisse, der Wohnbebauung und zum Erhalt einer Lindenallee. Insofern sind die örtlichen Gegebenheiten ähnlich wie die in Abschnitt 5 des Mannheimer Rheindamms mit der Wohnbebauung der Schwarzwaldstraße und der wunderbaren Baumallee.


Wird Haselsteiners Gutachten vor dem Ende der Einwendungsfrist vorliegen und veröffentlicht werden? Umweltbürgermeisterin Prof. Dr. Diana Pretzell hat dies in einer Sitzung der Stadt Mannheim am 13.10.2022 in Aussicht gestellt. Hoffentlich im vollständigen Wortlaut und nicht erst am 21. Dezember! Wir hatten in dieser Hinsicht in mehreren Schreiben an Pretzell sowie an Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz appelliert.



Für substantiierte Stellungnahme: Bitte um Spenden

Unsere Initiative Waldpark Mannheim e.V. wird – mit Unterstützung erfahrener Fachleute sowie Vertretern anderer Bürgerinitiativen und vor allem auch einer renommierten Anwaltskanzlei – eine substantiierte Stellungnahme einbringen.


Dafür bitten wir Sie um finanzielle Unterstützung. Von ganzem Herzen danken wir allen, die uns schon bisher mit Spenden bedacht haben. Was auch per PayPal möglich ist. Wir freuen uns über jede weitere Zuwendung auf unser Spendenkonto (IBAN: DE50 6705 0505 0040 0416 72), über kleine genauso wie größere Beträge.


Motivieren Sie andere, Einwendungen zu erheben!

Außerdem können Sie dazu beitragen, dass viele Menschen Einwendungen erheben, indem Sie unser Merkblatt Einwendungen weitergeben, auslegen und/oder das Plakat „Einwendungen jetzt!“ aufhängen. Einfach herunterladen und ausdrucken! Wer keinen Einspruch erhebt, zeigt sich mit der Planung einverstanden.


Auf unserer Internetseite „Einwendungen erheben“ erhalten Sie zusätzliche Tipps, Hinweise und Formulierungsbeispiele. Wir aktualisieren die Seite regelmäßig. Und halten Sie mit unserem Newslettern weiter auf dem Laufenden.


Herzliche Grüße


Sabine Jinschek    Michael Detmer

Initiative Waldpark Mannheim e.V.

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