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Newsletter vom 09.10.2021

Okt. 09, 2021

Verfahren verzögert sich – Plänen des Regierungspräsidiums fehlt Substanz

Liebe Freundinnen und Freunde des Waldparks,


die Pläne des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe zur Rheindammsanierung werden voraussichtlich erst im ersten Quartal 2022 veröffentlicht. Entsprechend verschiebt sich auch die Frist für die Einwendungen. Der Grund: Die Antragsunterlagen aus Karlsruhe sind an etlichen Stellen unverständlich und/oder unvollständig.


Zuständige Behörde der Stadt Mannheim legt großen Wert auf Verständlichkeit

Sieben Leitz-Ordner umfasst der Planfeststellungantrag, den das RP bei der Unteren Wasserbehörde der Stadt Mannheim im Februar eingereicht hat. Dies berichtete Frank Felgenträger, der Leiter der Behörde, in der Sitzung des Bezirksbeirats Lindenhof am 22. September.


In einem ersten Schritt hat die Behörde die Unterlagen auf Vollständigkeit und Offenlagefähigkeit geprüft. Beteiligt waren verschiedene städtische Fachbereiche (unter anderem vom Naturschutz, Katastrophenschutz und Tiefbau) sowie externe Büros.


Grundlegende Fragen bei der Antragsprüfung lauteten: Sind alle Belange berücksichtigt? Geht aus den Dokumenten hinreichend hervor, wer direkt betroffen ist? Sind alle Aspekte plausibel dargestellt? „Die Pläne müssen so sein, dass jeder Bürger sie verstehen kann“, betonte Felgenträger.


Regierungspräsidium Karlsruhe muss noch viele Informationen nachliefern

Das ist noch nicht der Fall: Vieles sei nicht detailliert genug und nicht nachvollziehbar, so der Behördenleiter. Zum Beispiel werde nicht deutlich, wer genau von den Baustelleneinrichtungen und vom Baulärm beeinträchtigt werde. Unklarheiten gebe es auch in Bezug auf die Transportwege, Bauabläufe und Bauzeiten in den einzelnen Abschnitten.

 

Auch fehlten ein Abfallkonzept für die Erdmassen und nähere Planungen zu den Ausgleichsflächen (die Ausgleichspflanzungen sind im Mannheimer Norden in Kirschgartshausen vorgesehen). Darüber hinaus sieht die Mannheimer Verwaltung Ergänzungs- und Erläuterungsbedarf vor allem zum Baumschutz und Artenschutz. Informationen zu all diesen Fragen forderte sie bereits im Mai nach.


Land hält weiter an veralteter Erdbauweise fest

Außerdem teilte Felgenträger mit, das RP sei nicht wesentlich von dem abgewichen, was es bisher geplant habe. Mögliche Sanierungsvarianten wurden nicht im Detail geprüft – auch nicht der Einbau einer durchgängigen, selbsttragenden Spundwand (Hochwasserschutzwand).


Was nicht anders zu erwarten war. Denn die Verantwortlichen im Umweltministerium und RP schmettern seit Jahren alle besseren Lösungsvorschläge und Argumente ab. Die Landesbehörde hält stur an ihren aus der Zeit gefallenen natur- und klimaschädlichen Planungsgrundsätzen fest: technisch veraltete Erdbauweise, typisches Damm-Regelprofil, baumfreier Damm, baumfreie Zonen, Massenabholzungen. Daran ändern auch die mittlerweile an einzelnen Stellen vorgesehenen nicht selbsttragenden Spundwände nichts.


Baumerhaltende Spundwandlösung wird nur in einem Fachgutachten geprüft

Die Stadt Mannheim hat nun ein eigenständiges Fachgutachten in Auftrag gegeben: Der Wasserbau-Ingenieur Ronald Haselsteiner soll „alternative Möglichkeiten zur Dammertüchtigung“ aufzeigen. Der Deichexperte soll auch den Einsatz einer durchgängigen Spundwand und Möglichkeiten des Baumerhalts prüfen.


Ein solches Gutachten haben Zehntausende schon seit Jahren gefordert. Vergeben hat es die Stadt (konkret: der Eigenbetrieb Stadtraumservice Mannheim) jetzt im laufenden Planfeststellungsverfahren – und zwar in ihrer Rolle als Trägerin öffentlicher Belange (TöB), also als Vertreterin der Interessen ihrer Bürgerinnen und Bürger. Das Gutachten will sie zusammen mit ihrer Stellungnahme als TöB an die Untere Wasserbehörde leiten und so in das Verfahren einbringen.


Untere Wasserbehörde muss neutral bleiben

Um sich nicht angreifbar zu machen, kann die Untere Wasserbehörde das Gutachten zur Spundwandlösung nicht selbst in Auftrag geben. Sie muss während des gesamten Planfeststellungsverfahrens eine neutrale und ergebnisoffene Position einnehmen.


Allerdings wird sie in diesem hochkomplexen Projekt ebenfalls zahlreiche Experten zu Rate ziehen: „Immer da, wo wir an unsere Grenzen stoßen“, erklärte Felgenträger. Schließlich hat sie als Planfeststellungsbehörde die Aufgabe, alle Sachverhalte zu prüfen, alle Belange abzuwägen und dabei mögliche Alternativen zu berücksichtigen. Am Ende hat sie nur zwei Optionen: Sie kann den Antrag ablehnen oder den Planfeststellungsbeschluss erlassen, sprich, die Baugenehmigung für den neuen Erddamm erteilen.


Voraussichtlich ab März 2022 können wir Bürgerinnen und Bürger Einwendungen erheben

Doch von diesem letzten Schritt im Verfahren sind wir weit entfernt. Erst einmal muss das RP die Unterlagen weiter überarbeiten. Im Anschluss hat die Untere Wasserbehörde diese erneut zu prüfen. Gegebenenfalls müsse das RP nochmals nachliefern, so Felgenträger.


Mit der Offenlegung sei deshalb erst im März 2022 zu rechnen. Für einen Monat werden die Pläne dann im Neuen Technischen Rathaus in Mannheim-Lindenhof ausgelegt und im Internet abrufbar sein. Mit dem ersten Tag der Veröffentlichung beginnt auch die Frist für die Einwendungen.


Schwachpunkt: Haselsteiner-Gutachten kommt für uns höchstwahrscheinlich zu spät

Derzeit sieht es so aus, dass das von der Stadt beauftragte Gutachten zur Spundwandlösung erst fertiggestellt sein wird, wenn die Einwendungsfrist für uns Bürgerinnen und Bürger bereits vorbei ist. Denn Haselsteiner soll seine Arbeit erst aufnehmen, sobald die Unterlagen des RP vollständig vorliegen beziehungsweise offengelegt werden.


Als Bearbeitungszeit für sein Gutachten sind rund zehn Wochen vorgesehen. Wir Bürgerinnen und Bürger haben ab Beginn der Offenlage aber nur sechs Wochen Zeit für Einwendungen. Bei unseren Einwendungen könnten wir uns also auf nicht die Beurteilung des Deichexperten beziehen.


Ob das Gutachten von Haselsteiner – wie auch die Stellungnahme der Stadt – überhaupt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, steht noch nicht fest. „Wir wollen so viel wie möglich veröffentlichen“, sagte Felgenträger in der Sitzung. Aber sehen dies alle Verantwortlichen bei der Stadt so?


Wir fordern von den Entscheidern, dass


1. das Gutachten früher angefertigt wird als bisher geplant,

2. das Gutachten spätestens mit Beginn der Einwendungsfrist veröffentlicht wird,

3. die Stellungnahme der Stadt offengelegt wird.


Herzliche Grüße


Sabine Jinschek    Michael Detmer

Initiative Waldpark Mannheim e.V.

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