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Newsletter vom 18.11.2021

Nov. 18, 2021

Erschreckende Klimaprognose für Mannheim

Liebe Freundinnen und Freunde des Waldparks,


Mannheim ist


  • die zweitheißeste Stadt in Deutschland
  • der Standort des Steinkohlekraftwerks mit den höchsten CO2-Emissionen in Deutschland
  • die Großstadt mit dem geringsten Waldanteil in Baden-Württemberg


Drei gewichtige Gründe, um möglichst jeden Baum in Mannheim zu erhalten. Doch auch eine aktuelle Aussage des Mannheimer Oberbürgermeisters Peter Kurz deutet darauf hin: Unser Stadtoberhaupt wird sich nicht gegen die sinnlose Abholzung Tausender Bäume am Rheindamm wehren.


Mannheim ist die zweitheißeste Stadt in Deutschland

Eine aktuelle Analyse des Deutschen Wetterdienstes belegt: Nach Speyer hatte Mannheim in den vergangenen zehn Jahren im Durchschnitt hierzulande die zweitmeisten Hitzetage. Zuletzt wurden 21,6 Tage mit Temperaturen über 30 Grad pro Jahr gezählt.


Hitze gefährdet die Gesundheit, vor allem von Älteren, Kleinkindern und Menschen mit Vorerkrankungen. In Deutschland starben 2018 allein mehr als 20.000 Rentner an Hitzestress, 13 Millionen Menschen litten unter hitzebedingten Krankheiten, berichtete Der Tagesspiegel am 03.08.2021.


Teile des Lindenhofs und Neckaraus zählen zu den wärmsten Stadtgebieten

Regelrechte Wärmeinseln bilden sich unter anderem auf dem Lindenhof und in Neckarau. Das ist ein Ergebnis der neuen Stadtklimaanalyse Mannheim 2020. Eine Isothermenkarte vom 22. Juli 2019 um 23 Uhr zeigt: Noch nachts wurden Temperaturen über 24 Grad zum Beispiel im Bereich der John-Deere-Werke auf dem Lindenhof sowie im Zentrum von Neckarau bis zum Großkraftwerk (GKM) gemessen.


Laut einer aktuellen Meldung von Statista stößt das GKM von allen Steinkohlekraftwerken in Deutschland am meisten CO2 aus. Einer Studie der Universität Stuttgart zufolge führen die 2010 vom GKM ausgehenden Feinstäube statistisch zu 759 verlorenen Lebensjahren und 15.996 verlorenen Arbeitstagen pro Jahr (Quelle). 


Wird der wertvolle Baumbestand am Damm – beginnend vom Großkraftwerk in Neckarau bis zum Lindenhof – abgeholzt, wird es in den angrenzenden Stadtteilen künftig noch heißer, die Luft noch schlechter, die Gesundheit noch mehr gefährdet.



Baumbestand im Waldpark und am Damm sind für Abkühlung und frische Luft essenziell

Dass es an warmen Sommertagen im Waldpark kühler ist als in den Straßen der Innenstadt, weiß jeder. In der Stadtklimaanalyse wird dies auf Basis von Messdaten belegt und auf Karten veranschaulicht. Wie es auf den Seiten 154f. heißt, sorgt der „den Rheinhauptdeich begleitende Waldstreifen“ insbesondere in weiten Teilen Neckaraus für Abkühlung. Entsprechend werden der Rheindamm und ein Großteil des Waldparks in die Kategorie „Parks, Grün- und Waldfläche mit hohem Schutzbedarf“ eingestuft.


Künftig wird es noch viel mehr heiße Tage und tropische Nächte geben

Die Stadtklimaanalyse macht außerdem deutlich: In den kommenden Jahrzehnten wird es in Mannheim noch erheblich heißer werden. Ändert die Stadt in Sachen Klimaschutz nichts, könnte sich die durchschnittliche Jahrestemperatur bis 2050 um bis zu 2 Grad erhöhen. Bis 2100 könnte sie gar um rund 4 Grad steigen.


Vor diesem Hintergrund beschloss der Ausschuss für Umwelt und Technik des Mannheimer Gemeinderats am 21.10.2021 einstimmig, die Stadtklimaanalyse 2020 „als Planungsgrundlage künftig für alle klimaökologischen Stellungnahmen und planerische Prozesse zu verwenden“ (Quelle). Gibt das Anlass zu Hoffnung für die Bäume im Waldpark? Nach unserer Einschätzung nicht.


Stadt vernichtet seit Jahren Grünflächen

Um das Stadtklima zu verbessern, empfehlen die Autoren der Analyse vielfältige Maßnahmen, darunter den Schutz bestehender Parks, Grün- und Waldflächen. Bereits die Stadtklimaanalyse 2010 zielte darauf ab, Grünflächen zu sichern und Kälteinseln zu erhalten – und trotzdem wurde und wird in Mannheim selbst in Schutzbereichen rücksichts- und verantwortungslos abgeholzt und gebaut.


„Die Liste geschehener und vorgesehener Baumfällungen in Mannheim ist lang“, heißt es auf der Facebook-Seite von SOS Stadtbaum Mannheim. „Trotz der Bedeutung von Stadtbäumen für das Klima und die Luftqualität gilt in Mannheim: Baurecht vor Baumrecht“, prangert die Bürgerinitiative zu Recht an.


Aktuelle Beispiele sind die sinnlosen Eingriffe in das Landschaftsschutzgebiet Feudenheimer Au für die BUGA 23 oder die die Bebauung der für die Innenstadt so wichtigen Frischluftschneise Friedrichspark zur Erweiterung der Universität. In beiden Fällen gibt es naturerhaltende Alternativen – aber Gemeinderat und Stadtverwaltung haben diese im Ergebnis ignoriert.


Dabei ist Mannheim Schlusslicht in Baden-Württemberg, was den Waldanteil angeht

Im Vergleich zu anderen baden-württembergischen Großstädten ist der Waldanteil in Mannheim ohnehin schon vergleichsweise gering. Im Verhältnis zur Fläche des Stadtkreises Mannheim beträgt der Waldanteil lediglich 12,7 Prozent.


Ohne Bäume können wir nicht leben. Auf der Weltklimakonferenz in Glasgow haben sich daher mehr als 110 Staaten sich verpflichtet, bis 2030 die Zerstörung von Wäldern zu beenden.


Aber auch das wird die (grün-geführte) Landesregierung in Stuttgart nicht daran hindern, im ganzen Land unverändert Abertausende von Bäumen zu vernichten – für neue Erddämme, die im Extremfall nicht den erforderlichen Hochwasserschutz bieten und versagen können. So auch in Mannheim.


Wir müssen weiterhin befürchten: OB Kurz wird den Kahlschlag am Damm nicht verhindern

Nach wie vor ist nicht davon auszugehen, dass sich die Stadt beziehungsweise OB Kurz gegen das Vorhaben des Landes stellen wird. Darauf deuten alle seine bisherigen Äußerungen zur Rheindammsanierung hin. (Mehr dazu unter Starke Argumente - große Ignoranz (waldpark-mannheim.de)).


Diesen Eindruck vermittelt auch ein aktueller Antwortbrief des OB an eine Bürgerin, der wie folgt endet: „Sie können sich darauf verlassen, dass wir im anstehenden Verfahren stets auch immer die Interessen der Stadt und ihrer Bürgerinnen und Bürger im Fokus haben, um am Ende einen sicheren Hochwasserschutz in einer ökologisch wertvollen Umgebung zu erhalten." In einer ökologisch wertvollen Umgebung! Das klingt schon sehr nach den "blüten- und artenreichen Magerwiesen mit Schmetterlingen, Orchideen und Reptilien“, die das Umweltministerium in Stuttgart nach der Rodung aller Bäume auf dem Damm vorsieht – und wenig nach dem Erhalt des wertvollen Baumbestands.


Kurz‘ Klimaschutzschutzziele – nur Blabla?

Übrigens hat Kurz auf der Weltklimakonferenz den „Local Green Deal Mannheim“ vorgestellt, das ist „Mannheims Antwort als Stadtgesellschaft auf die Herausforderungen in Zeiten des Klimawandels und der sozial-ökologischen Transformation.“ Wohl leider nur Blaba – passend zu den vielen anderen Lippenbekenntnissen in Glasgow. Die Stadt will bis 2030 klimaneutral werden. Anderseits werden sinnlos Grünflächen vernichtet. Wie passt das zusammen?


Mahnwache der Gruppe „Konferenz der Bäume" am 21.11.2021

Sofern die Corona-Regelungen es zulassen, findet am Sonntag, 21.11., 14:30 bis 16:30 Uhr, die nächste Mahnwache statt. Wie üblich unten am Rheinufer im Waldpark, Höhe Speyerer Straße auf dem Lindenhof. Initiatorin und Organisatorin ist Jutta Sichau, die sich ebenfalls für den Baumerhalt am Rheindamm einsetzt.


Wer bereit ist, bei dieser Versammlung Flyer unserer Initiative zu verteilen, kann diese gerne bei unserer Vereinsadresse in Mannheim-Lindenhof, Waldparkdamm 4, abholen. Bitte dazu vorab eine Info an info@waldpark-mannheim.de. Wir freuen uns sehr über Unterstützung!


Herzliche Grüße


Sabine Jinschek    Michael Detmer

Initiative Waldpark Mannheim e.V.

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