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Newsletter vom 07.05.2023

Mai 07, 2023

Umweltministerium BW mit neuen Argumenten / OB-Kandidaten zum Thema Rheindamm

Liebe Freundinnen und Freunde des Waldparks,


eine aktuelle Antwort aus dem Umweltministerium Baden-Württemberg (UM BW) an unsere Initiative Waldpark zeigt erneut: Das Land bleibt dabei, sinnlos Bäume auf Dämmen abzuholzen. Interessanterweise wartet die Verfasserin des Schreibens mit neuen – schwachen – Argumenten gegen Spundwände auf.


Am Rheindamm in Mannheim droht also weiterhin eine ökologische Katastrophe. Wer wissen möchte, wie die OB-Kandidaten Christian Sprecht (CDU) und Raymond Fojkar (Grüne) dazu stehen, kann sie in der neuen Woche bei zwei Veranstaltungen auf dem Lindenhof fragen.


Haltlose Begründungen

Wie im Newsletter vom 26.03.2023 berichtet, haben wir uns kürzlich unter anderem an den Finanzminister von BW, Danyal Bayaz, gewandt. Unsere Botschaft: Für einen sichereren Hochwasserschutz im Land könnte er Millionen Euro einsparen. Leider nahm er dazu keine Stellung.


Auf Bayaz‘ Bitte hin erhielten wir stattdessen eine Antwort aus dem Umweltministerium – erstmals von der Ministerialdirigentin Elke Rosport. Die Leiterin der obersten Wasserbehörde in BW lehnt die Sanierung mit Spundwänden in ihrem Schreiben zwar nicht ausdrücklich ab. Jedoch bringt sie dagegen vor:


  • die gestiegenen Stahlpreise
  • die hohen Treibgasemissionen bei der Stahlerzeugung
  • die (möglichen) Auswirkungen auf den Natur- und Wasserhaushalt
  • den Sicherheitsaspekt


Hochinteressant, denn bisher waren es (bis auf die Sicherheit) andere Punkte, die das UM immer wieder gegen eine baumerhaltende Spundwandlösung vorgetragen hat: die DIN 19712 „Flussdeiche“, der erforderliche Deichverteidigungsweg, die Gefährdung der Rettungskräfte durch umstürzende Bäume. Diese – allesamt haltlosen – Begründungen fehlen im aktuellen Schreiben.


Magerrasen statt Bäume

Aber auch Rosports Argumentation hinkt gewaltig. Fakt ist:


  • Die baumerhaltende Spundwandlösung ist – selbst bei hohen Stahlpreisen – erheblich kostengünstiger als die baumvernichtende Variante des Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe: dem Deichexperten Dr. Ronald Haselsteiner zufolge um 30 bis 36 Prozent (siehe Kostenschätzung von Haselsteiner) Im Übrigen sieht das RP ebenfalls auf einem Großteil der Strecke Stahlspundwände vor. Ganz abgesehen davon, gehen derzeit die Stahlpreise zurück.
     
  • Die baumerhaltende Spundwandlösung hat über den gesamten Nutzungszeitraum sicher eine bessere CO2-Bilanz als die Variante des RP. Denn der vom RP geplante Abtrag und der Neubau eines Erddamms verursachen zusätzliche CO2-Emissionen, insbesondere der Transport unzähliger Tonnen Dammmaterial. Darüber hinaus werden bei der Rodung erhebliche Mengen CO2 freigesetzt. Vor allem sind die alten Bäume als wertvolle Kohlenstoffspeicher für die kommenden Jahrzehnte verloren. Außerdem können Spundwände vollständig aus Recyclingstahl hergestellt werden, was den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren dürfte.
     
  • Die baumerhaltende Spundwandlösung  wirkt sich wesentlich geringer auf den Naturhaushalt aus als die geplante Maßnahme. Der massive Eingriff der RP-Variante in Landschaftsschutzgebiet, in Flora-Fauna-Habitat (FFH-)- und Vogelschutzgebiet sowie in geschützte Biotope würde entscheidend verringert werden (siehe Gutachten von Haselsteiner, S. 111f.).
     
    Auswirkungen auf die Grundwasserverhältnisse infolge des Einbaus von Spundwänden sind nicht zu erwarten. Diese lassen sich unter anderem durch die Schlitzung der Spundwandbohlen vermeiden (siehe Gutachten von Haselsteiner, S. 59). Wenn etwas Auswirkungen auf den Natur- und Wasserhaushalt hat, dann ist es die Rodung vieler Tausender Bäume.
     
  • Die baumerhaltende Spundwandlösung ist sicherer ist als ein Damm in Erdbauweise, da dieser brechen oder im Extremfall weggespült werden kann. Dass das UM gebetmühlenartig die Sicherheit betont, ist besonders absurd. Schon Kindern in der Grundschule dürfte einleuchten, dass eine Spundwand aus Stahl besser vor Hochwasser schützt als ein Erdwall.


Schließlich macht der letzte Satz in Rosports Schreiben deutlich: Das Land hat unverändert vor, Bäume auf Hochwasserschutzdämmen zu roden. Dafür will es Magerrasen pflanzen – laut UM eine „ökologisch gleichwertige Alternative“.


In Zeiten des Klimawandels können Magerrasen keine Alternative zu Bäumen sein. Erst recht nicht, wenn es sich um kostbare Auwaldbäume handelt. Und erst recht nicht, wenn durch die Maßnahme 22 bedrohte oder streng geschützte Tierarten getötet werden könnten (für die das Land Ausnahmen beantragt hat).


Das Gutachten von Haselsteiner und seine ergänzende Kostenberechnung sind auf unserer Internetseite Lösungen mit Baumerhalt abrufbar.


Kretschmanns „Politik des Gehörtwerdens“ – eine Farce

Von Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Umweltministerin Thekla Walker – den Hauptverantwortlichen für die geplanten Kahlschläge auf Dämmen in BW – bekamen wir auf unsere Schreiben vom 6. beziehungsweise 10. März bisher keine Antwort.


Die von Kretschmann hochgehaltene Bürgerbeteiligung erscheint vor diesem Hintergrund wie eine Farce. Erst kürzlich betonte er, die „Politik des Gehörtwerdens“ sei „ein echtes Markenzeichen Baden-Württembergs“, wie es auf dem Beteiligungsportal BW heißt.


Doch selbst Bürgermeistern in BW antwortet Kretschmann zum Thema Hochwasserschutz nicht. Wie kraichgau news am 09.01.2023 berichtete, suchte Bürgermeister Stefan Martus mehrfach vergeblich den Dialog mit unserem „Landesvater“. Martus wehrt sich (wie auch eine Bürgerinitiative in Dettenheim, mit der wir in Kontakt stehen) gegen eine geplante Maßnahme des Landes im Landkreis Karlsruhe und setzt sich für einen umweltverträglicheren Hochwasserschutz ein.


Termine der OB-Kandidaten zum Thema Rheindamm

Würden sich die Mannheimer OB-Kandidaten der CDU und der Grünen in Sachen Rheindammsanierung im Zweifel gegen den Ministerpräsidenten stellen? Diese und andere Fragen können sie ihnen in dieser Woche persönlich stellen:


  • Am 8. Mai, 16:30 Uhr, lädt OB-Kandidat Christian Specht (CDU) ein zum Rheindammdialog mit dem CDU-Landtagsabgeordneten und Mitglied des Umweltausschusses BW Albrecht Schütte. (Der grün-schwarz dominierte Ausschuss hat am 02.03.2023 einen Vorstoß der SPD für die baumerhaltende Lösung abgelehnt – siehe Newsletter vom 26.03.2023). Treffpunkt ist am Rheindamm, Höhe Tennisclub Harmonie, Promenadenweg 20, 68163 Mannheim.


  • Am 10. Mai, 19:00 Uhr, lädt die Grüne Fraktion Mannheim zu einem kommunalpolitischen Stammtisch ein – unter anderem mit ihrem OB-Kandidaten Raymond Fojkar. Im Fokus sollen die Rheindammsanierung und bezahlbarer Wohnraum stehen. Ort: Restaurant Unsers, Rheindammstraße 19, 68163 Mannheim.


„Es sollte immer eine Planungsüberarbeitung möglich sein“ – Video von Reiner Freiländer

In unserem letzten Newsletter haben wir auf ein Video hingewiesen, das der Ingenieur Reiner Freiländer produziert und uns zugesandt hatte. Hier ist noch einmal der Link zu dem Video, der für viele leider nicht erkennbar war, wie uns etliche Newsletter-Abonnenten zurückmeldeten. Auf Instagram wurde das Video übrigens inzwischen mehr als 8.300 Mal abgerufen – was uns natürlich sehr freut.


Herzliche Grüße


Sabine Jinschek    Michael Detmer

Initiative Waldpark Mannheim e.V.

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