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Newsletter vom 26.03.2023

März 26, 2023

Druck auf Kretschmann / Ausmaß der Rodungen verschleiert? / Video mit über 8.000 Klicks

Liebe Freundinnen und Freunde des Waldparks,


derzeit machen wir Druck auf die Verantwortlichen im Land: auf Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Umweltministerin Thekla Walker – außerdem auf Finanzminister Danyal Bayaz.

Einen aktuellen Vorstoß der SPD im Landtag Baden-Württemberg (BW) für die baumerhaltende Lösung hat der grün-schwarz dominierte Umweltausschuss abgeschmettert.


So ist nach wie vor nicht davon auszugehen, dass das Land vom Kahlschlag am Rheindamm absieht – der übrigens in noch viel größerem Ausmaß drohen könnte als bisher öffentlich bekannt.


Und das, obwohl die gewählte Sanierungsvariante rechtswidrig ist, wie unser Rechtsanwalt André Horenburg in einem lesenswerten Interview erklärt. Und das, obwohl es eine Win-hoch-fünf-Lösung gibt, wie der Deichexperte Dr. Ronald Haselsteiner kürzlich auf einer Veranstaltung des Rheinkolleg e.V. bekräftigte.


Deshalb machen wir die geplanten Massenabholzungen weiter publik – besonders erfolgreich mit einem Video eines Mannheimer Ingenieurs, das mehr als 8.100 Mal abgerufen wurde.



Ausschnitt aus dem Wahlprogramm 2021 Grüne Baden-Württemberg, Quelle: gruene-bw.de/wahlen/landtagswahl-2021/wahlprogramm/


Sorgen Sie dafür, dass ab sofort neu geplant wird!

Wie erklären Sie die – in Zeiten des Klimawandels erst recht – sinnlosen Rodungen Ihren Kindern und Enkeln?“ Diese Frage haben wir Ministerpräsident Winfried Kretschmann gestellt. Als Landesvater ist er letztlich für das Dammertüchtigungsprogramm BW verantwortlich. „Herr Ministerpräsident, Sie propagieren Klimaschutz, Sie propagieren Waldschutz. Sorgen Sie dafür, dass ab sofort neu geplant wird, dass Dämme ab sofort baumerhaltend saniert werden!“, haben wir in einem Video und in einem Schreiben an ihn appelliert. Geantwortet hat er bisher nicht.


Außerdem haben wir uns an seine Umweltministerin Thekla Walker gewandt. Aktuell stellt sie rund fünf Millionen Euro für Naturschutzprojekte im Land bereit. Auch Walker ist dafür verantwortlich, dass Flussdämme im Land naturvernichtend saniert werden.


Die Arroganz und Ignoranz in Stuttgart in Sachen Rheindammsanierung ist unerträglich. Ebenso die Verlogenheit vieler Politiker im Land. Aus dem Wahlprogramm der Grünen in BW: „Unser Land ist reich an eindrucksvollen Naturlandschaften […] Wir wollen sie erhalten und an unsere Kinder und Enkelkinder weitergeben. Deshalb kämpfen wir konsequent dafür, die Erderhitzung einzudämmen und die Artenvielfalt zu schützen.“ Wie passt das zusammen mit den vermeidbaren Massenabholzungen im Land?


Nun haben wir Finanzminister Danyal Bayaz in einem Schreiben ans Herz gelegt, neue Wege zu gehen. Zumal er für einen sichereren Hochwasserschutz in Baden-Württemberg Millionen Euro einsparen könnte.



SPD fordert im Landtag Änderung der Sanierungsplanung

Öffentlichkeitswirksam engagiert sich weiterhin der Mannheimer Landtagsabgeordnete (MdL) Dr. Boris Weirauch für eine sinnvolle Sanierung. Auf seine Initiative hin stellte die SPD-Fraktion im Landtag BW am 02.03.2023 dazu einen Beschlussantrag im Umweltausschuss: Die Landesregierung solle sicherstellen, dass das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe bei der Rheindammsanierung in Mannheim das Fachgutachten zur baumerhaltenden Alternativbauweise berücksichtigt. Der grün-schwarz dominierte Umweltausschuss lehnte den Antrag mehrheitlich ab.


Laut Elke Zimmer, MdL BW Grüne, kann der Umweltausschuss darüber nicht beschließen. Es sei Aufgabe der Unteren Wasserbehörde der Stadt Mannheim, das Vorhaben abzuwägen und zu bewerten, teilte sie auf Nachfrage mit. Auch wenn Zimmer damit Recht haben mag: Sie hat sich nie für die baumerhaltende Spundwandlösung ausgesprochen. Zwar behauptet sie, sie setze sich seit Beginn dafür ein, so viele alte Bäume wie möglich zu erhalten. (Das können 1.000 sein. Aber auch nur 10 oder gar 0 Bäume.) Vor allem aber verweist sie seit Jahren gebetsmühlenartig auf den erforderlichen Hochwasserschutz. Wie auch die verantwortlichen Grünen in Stuttgart das tun (und stur an der Erdbauweise festhalten, obwohl diese weniger Sicherheit bietet).


Daher begrüßen wir den erneuten Vorstoß von Weirauch. „Wir wollten weiter nichts unversucht lassen, Druck auf die Landesregierung auszuüben“, wird er im Mannheimer Morgen vom 13.03.2023 zitiert. „Die Mitglieder des Umweltausschusses sind spätestens jetzt sensibilisiert über die klimaschädlichen Pläne der Landesregierung bei der Dammsanierung im Mannheimer Süden.“


Quelle: Mannheimer Morgen, 14.02.2023, © Stefanie Ball, Christoph Blüthner, Mannheimer Morgen


Plan offenbart ein womöglich viel größeres Ausmaß der Rodungen

Was bisher nie öffentlich Thema war: Gegebenenfalls werden bei uns am Rheindamm mehr als doppelt so viel Bäume abgeholzt werden wie bislang berichtet. Stets hat das RP Karlsruhe von rund 7 Hektar Wald gesprochen. Wenn die Vorzugsvarianten der Behörde zur Ausführung kommen, sind jedoch sogar 16,5 Hektar Wald von Rodungen betroffen. Nachzulesen im „Variantenvergleich“ des Plans.


Die Angaben zum Ausmaß der Rodungen in den unterschiedlichen Dokumenten widersprechen sich teils erheblich. Schlamperei oder bewusste Verschleierung der Planer? Fakt ist: Ob 7 oder 16,5 Hektar, die Planung des RP verstößt gegen absolute Vorschriften des Naturschutzrechts. Wer sich für Einzelheiten dazu interessiert, dem empfehlen wir die Lektüre des Interviews mit unserem Anwalt André Horenburg. Er rügt, dass Varianten, die genauer hätten geprüft werden müssen, vom RP sehr früh ausgeschlossen wurden.


 Quelle: Video Reiner Freiländer, „Es sollte immer eine Planungsüberarbeitung möglich sein“, 02/2023, © O. Freiländer


„Es sollte immer eine Planungsüberarbeitung möglich sein“

Die Variante, die Dr. Ronald Haselsteiner vorschlägt, bringt ausschließlich Vorteile. Das stellte der von der Stadt Mannheim beauftragte Fachgutachter kürzlich nochmals bei einer Präsentation vor Vertretern des Rheinkolleg e.V. heraus. (Eines der zentralen Themen des Vereins ist der Hochwasserschutz am Rhein.) Die Umsetzung seines baumerhaltenden Sanierungskonzepts führe zu einer Win5-Situation, so der Deichexperte. Denn seine Lösung ist einfach, sicher, ökologisch, konsensfähig, kostengünstig.


Unseres Erachtens auch noch erwähnenswert: Laut Haselsteiner – der sich seit mehr als 20 Jahren intensiv mit Deichbau und Hochwasserschutz beschäftigt – habe er noch nie eine so lange rote Liste mit Ausnahmeregelungen gesehen. (Insgesamt beantragte das RP für 22 Tierarten, die durch den Eingriff getötet werden können, Ausnahmen; im Grund Lizenzen zum Töten.)


Dass die Behörde ihre Planung überarbeitet, ist realistisch nicht zu erwarten. Obwohl das nach all den Jahren Fehlplanung (nicht unbedingt falsch ausgeführt, aber mit falschen Planungsvorgaben) das einzig Sinnvolle wäre.


„Es sollte immer eine Planungsüberarbeitung möglich sein“, sagt der Ingenieur Reiner Freiländer, Jahrgang 1940. Er hat auf eigene Initiative hin ein Video produziert und uns zugesandt. Dafür danken wir ihm herzlich! In den vergangenen drei Wochen wurde es mehr als 8.100 Mal abgerufen. „Es ist unsere Verantwortung, den Waldpark zu schützen“, so Freiländer. Dem haben wir für heute nichts mehr hinzuzufügen.


Die erwähnten Schreiben an die Politiker und der Antrag von Weirauch finden sich übrigens auf unserer Internetseite unter Starke Argumente – große Ignoranz.



Herzliche Grüße


Sabine Jinschek   Michael Detmer

Initiative Waldpark Mannheim e.V.

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